Warschauer Vertrag

Warschauer Vertrag

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I
Wạrschauer Vertrag,
 
Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen, unterzeichnet am 7. 12. 1970, in Kraft getreten am 3. 6. 1972, enthält die Feststellung beider Seiten, dass die Oder-Neiße-Linie »die westliche Staatsgrenze der Volksrepublik Polen bildet« (Art. I). Beide Vertragspartner bekräftigten die Unverletzlichkeit ihrer bestehenden Grenzen jetzt und in Zukunft (Art. I) und verpflichteten sich, in ihren gegenseitigen Beziehungen auf die Drohung mit Gewalt oder die Anwendung von Gewalt zu verzichten (Art. II). Laut Artikel IV berührte dieser Vertrag nicht »die von den Parteien früher geschlossenen oder sie betreffenden zweiseitigen oder mehrseitigen internationalen Vereinbarungen«. Ein Briefwechsel zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den drei Westmächten stellte klar, dass der Warschauer Vertrag die Rechte und Verantwortlichkeiten der »Vier Mächte« in Bezug auf Deutschland als Ganzes und Berlin nicht berührte. - Mit In-Kraft-Treten des Zwei-plus-Vier-Vertrages (vom 12. 9. 1990), des Deutsch-Polnischen Grenzvertrages (vom 14. 11. 1990) und des Deutsch-Polnischen Vertrages über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit (vom 17. 6. 1991) war der Warschauer Vertrag politisch überholt.
II
Warschauer Vertrag
 
Seit Anfang des Jahres 1970 waren auch Vorverhandlungen über einen Vertrag zur Normalisierung der gegenseitigen Beziehungen mit Polen im Gange, die auf deutscher Seite Staatssekretär Duckwitz leitete. In der Endphase der Verhandlungen legten die beiden Außenminister den endgültigen Text fest. Der Vertrag wurde am 7. Dezember 1970 von Bundeskanzler Brandt, dem polnischen Ministerpräsidenten Cyrankiewicz sowie den Außenministern Scheel und Jędrychowski unterzeichnet.
 
Im Artikel I wird festgestellt, dass die durch die Potsdamer Konferenz festgelegte Oder-Neiße-Linie »die westliche Staatsgrenze der Volksrepublik Polen bildet«. Beide Seiten bekräftigen die »Unverletzlichkeit ihrer bestehenden Grenzen jetzt und in der Zukunft« und verpflichten sich zur uneingeschränkten Achtung ihrer territorialen Integrität. »Sie erklären, dass sie gegeneinander keinerlei Gebietsansprüche haben und solche auch in Zukunft nicht erheben werden.« Artikel II enthält den Verzicht auf Gewaltanwendung und -androhung, Artikel III den Willen zur vollen Normalisierung (Austausch von Botschaftern) und umfassenden Entwicklung der gegenseitigen Beziehungen. In einer Anlage zum Vertragswerk sprach die polnische Regierung die Regelung humanitärer Fragen an und erklärte ihre Bereitschaft, im Zuge der Familienzusammenführung Einwohner mit unbestreitbar deutscher Volkszugehörigkeit ausreisen zu lassen. Außerdem bestätigte die polnische Regierung noch einmal ihre auf ganz Deutschland bezogene Erklärung vom 24. August 1953, mit der sie von 1954 an auf weitere Reparationsleistungen verzichtet hatte.
 
Bei seinem Warschauer Aufenthalt legte Bundeskanzler Brandt am 7. Dezember 1970 auch einen Kranz am Denkmal für die Opfer des jüdischen Ghettoaufstandes nieder. Protokollarisch unvorhergesehen, ehrte er dabei die Ghetto-Opfer, indem er für eine Gedenkminute niederkniete. Das Bild ging um die Welt. Die in dieser ungewöhnlichen Geste zum Ausdruck kommende Absicht, die Bitte um Versöhnung, wurde gerade im polnischen Volk mit Anteilnahme aufgenommen und verstanden.

Universal-Lexikon. 2012.

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